Am Donnerstagnachmittag kritisierte der US-Präsident erneut eines seiner Lieblingsziele, den Vorsitzenden der Federal Reserve, Jerome Powell. Nachdem Trump den Fed-Chef in den letzten Wochen bei jeder Gelegenheit kritisiert und zuletzt eine Zinssenkung um 100 Basispunkte gefordert hatte, ging er gestern noch einen Schritt weiter. Er forderte eine Zinssenkung um zunächst 200 Basispunkte, um die Refinanzierungskosten der US-Regierung zu senken, bezeichnete Powell als „Dummkopf“ und drohte, Zinssenkungen notfalls „zu erzwingen“. Seine gleichzeitige Beteuerung, Powell nicht zu entlassen – obwohl er erklärte, darin kein Problem zu sehen –, war wenig überzeugend, wie Commerzbank-Devisenanalyst Michael Pfister feststellt.
„Im Wesentlichen hat er damit unsere jüngste Änderung der Prognose weiter begründet. Als wir unsere EUR/USD-Prognose zuletzt im April angepasst haben, gingen wir davon aus, dass der EUR/USD-Wechselkurs nach einer kurzen Phase der USD-Stärke in den nächsten anderthalb Jahren tendenziell steigen wird.
Grund dafür waren die Unsicherheit hinsichtlich der US-Handelspolitik und die wachsende Wahrscheinlichkeit, dass der US-Dollar das schwache Glied in den Bemühungen der US-Regierung um eine ausgeglichene Leistungsbilanz sein würde. Mit dieser Einschätzung lagen wir im Wesentlichen richtig, aber der Markt hatte die Entwicklung angesichts der zunehmend unberechenbaren Handelspolitik einfach vorweggenommen.“
„Trotz der bereits erfolgten Aufwärtsbewegung halten wir die Gründe für ein höheres Niveau des EUR/USD jedoch weiterhin für gegeben. Selbst nach Vereinbarungen mit anderen Ländern hat Donald Trump wiederholt mit neuen Zöllen gedroht. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass Trump den Fed-Vorsitzenden Jerome Powell vor Ablauf seiner Amtszeit entlassen wird, doch könnte er im nächsten Jahr einen Fed-Vorsitzenden nominieren, der seinen Vorstellungen besser entspricht. Die Aussicht auf eine Kehrtwende in der Geldpolitik, einschließlich deutlicher Zinssenkungen, in Verbindung mit einer unberechenbaren Handelspolitik und allgemeinen Unsicherheiten hinsichtlich US-Investitionen lässt uns davon ausgehen, dass der US-Dollar in den kommenden Monaten schwierigere Zeiten bevorstehen.
Umgekehrt erwarten unsere Ökonomen, dass das deutsche Konjunkturpaket im kommenden Jahr für einen deutlichen Aufschwung sorgen wird. Nach vielen schwierigen Jahren dürfte dies die Anleger dazu veranlassen, den Euroraum wieder genauer unter die Lupe zu nehmen, was dem Euro zugutekommen dürfte. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren haben wir unsere Prognose für den EUR/USD nach oben korrigiert und erwarten nun ein Niveau von 1,16 bis Ende 2025 und 1,20 bis Ende 2026.