Zwei der größten Handelsriesen der Welt, Amazon und Walmart, könnten das Zahlungssystem revolutionieren – und das mit einem Schritt, der gerade erst Konturen annimmt: dem Einstieg in den Stablecoin-Markt. Wie das Wall Street Journal berichtet, prüfen beide Unternehmen aktuell die Einführung eigener digitaler Zahlungsmittel, die an den US-Dollar gekoppelt sind. Das Ziel? Transaktionskosten senken, Kundentreue steigern und dabei vielleicht sogar den klassischen Zahlungsanbietern wie Visa und Mastercard einen Teil des Geschäfts abnehmen.
Stablecoins sind digitale Token, deren Wert direkt an eine stabile Währung – meist den US-Dollar – gebunden ist. Anders als Bitcoin oder Ethereum unterliegen sie kaum Kursschwankungen, was sie für den Alltagseinsatz prädestiniert. Und genau hier liegt das Potenzial für den Einzelhandel: Wer digital zahlt, spart Transaktionsgebühren und beschleunigt den gesamten Checkout-Prozess.
Für Amazon und Walmart, die zusammen auf Hunderte Milliarden Dollar Jahresumsatz kommen, ist das mehr als nur ein nettes Extra – es könnte sich um einen echten Wettbewerbsvorteil handeln. Amazon erzielte laut Statista im Jahr 2024 rund 638 Mrd. US-Dollar Umsatz weltweit – der Löwenanteil davon durch klassische Einzelhandelsumsätze. Genau dort könnten Stablecoins ansetzen: als firmeneigene Währung für schnelle, günstige und möglicherweise sogar mit Rabatten verbundene Bezahlprozesse.
Auch Walmart legt nach: Der US-Retail-Gigant meldete für das im Januar 2025 beendete Geschäftsjahr einen Umsatz von 122 Mrd. US-Dollar – ein Plus von fast 7 Mrd. gegenüber dem Vorjahr. Bei solchen Volumina wird schnell klar: Selbst kleine Einsparungen bei Transaktionskosten summieren sich auf gewaltige Beträge.
Parallel zu den unternehmerischen Plänen nimmt auch die politische Seite Fahrt auf. Der US-Kongress arbeitet aktuell an einem Gesetz, das Stablecoins einen offiziellen Rahmen geben soll. Die Rede ist vom sogenannten GENIUS Act (Guiding and Establishing National Innovation for US Stablecoins).
Diese Initiative könnte die Tür für eine breitere Akzeptanz von Stablecoins im Finanzsystem öffnen – und gleichzeitig die regulatorische Unsicherheit beseitigen, die viele US-Unternehmen bislang von einer Einführung abhielt. Der Gesetzesentwurf wird parteiübergreifend unterstützt, unter anderem von den Senatoren Bill Hagerty, Cynthia Lummis, Kirsten Gillibrand und Tim Scott. Anfang Juni 2025 votierte der Senat mit 68 zu 30 Stimmen für das sogenannte „Cloture“-Verfahren – der Weg zur finalen Abstimmung ist damit frei. Ein Votum könnte bereits nächste Woche folgen.
Bemerkenswert: Nicht nur Amazon und Walmart wollen Stablecoins auf die Beine stellen. Auch die großen US-Banken wittern Potenzial. So arbeiten JPMorgan Chase, Bank of America, Citigroup und Wells Fargo laut Medienberichten bereits im Hintergrund an einem gemeinsamen Stablecoin-Projekt. Noch ist vieles davon in der Konzeptphase – doch die Richtung ist klar: Der digitale Dollar wird zur Realität, nur nicht unbedingt vom Staat, sondern von den Big Playern selbst in Umlauf gebracht.
Stablecoins könnten für Amazon und Walmart mehr sein als nur ein technisches Update im Checkout: Es geht um Kontrolle über Zahlungsströme, neue Kundenbindungsmodelle und mehr Marge pro Transaktion. Gleichzeitig könnte die Einführung solcher Token der Startschuss für ein neues Kapitel im US-Finanzsystem sein – mit weniger Bankenbeteiligung, aber mehr Innovation. Ob der Einzelhandel damit zur Bank wird? Noch ist nichts beschlossen. Aber eines ist sicher: Wer früh einsteigt, sichert sich die besten Plätze – und das gilt nicht nur für Kunden, sondern auch für Investoren.