Einige EZB-Vertreter, darunter auch die Präsidentin selbst, haben kürzlich keinen Hehl aus ihren Ambitionen gemacht, den Euro als neue Weltreservewährung zu etablieren, wie Thu Lan Nguyen, Leiterin der Devisen- und Rohstoffforschung bei der Commerzbank, feststellt.
„Der kürzlich veröffentlichte Bericht der Zentralbank über die internationale Rolle des Euro dürfte jedoch Ernüchterung bringen. Darin wird auf eine interessante Entwicklung hingewiesen: Der Anteil von Gold an den Reserven der Zentralbanken hat im vergangenen Jahr den Anteil des Euro überholt. Dies ist zwar zu einem großen Teil auf den deutlichen Anstieg des Edelmetallpreises zurückzuführen. Dennoch ist klar zu beobachten, dass viele Zentralbanken im vergangenen Jahr erhebliche Goldkäufe getätigt haben.“
„Die EZB liefert dafür Erklärungen: Die Käufe sind insbesondere seit Ausbruch des Ukraine-Krieges zu beobachten und dürften daher eine Reaktion auf die westlichen Sanktionen gegen Russland sein, zu denen auch das Einfrieren der Devisenreserven der russischen Zentralbank in vielen Ländern gehörte. Vor allem Zentralbanken in Ländern mit engen Beziehungen zu Russland und China scheinen ihre Goldreserven aufgestockt zu haben, um sich vor ähnlichen Sanktionen zu schützen.“
„Was die Position des Dollars als Weltreservewährung ernsthaft gefährden könnte, ist die US-Sanktionspolitik. Sollten diese für Unternehmen zunehmend zu einer Belastung werden, könnten sie sich vom US-Dollar abwenden. Dies gilt natürlich auch für den Euro. Wenn die Sanktionspolitik Europas mit der der USA Hand in Hand geht, ist der Euro natürlich keine Alternative zum Dollar. Im Falle des Russland-Ukraine-Konflikts ist die Erklärung klar: Der Großteil der eingefrorenen Devisenreserven Russlands befindet sich schließlich in Europa.“