Ripple (XRP) gerät immer stärker unter Druck. Am Freitag trübte sich die Stimmung am Kryptomarkt ein, nachdem Bitcoin (BTC) unter die Marke von 108.000 US-Dollar gefallen ist. Auch XRP blieb davon nicht verschont: Der Token notiert aktuell bei 2,22 US-Dollar und liegt damit über 1 % im Minus. Ist das nur eine kleine Verschnaufpause – oder der Auftakt für eine größere Korrektur?
Trotz des Preisrückgangs gibt es einen Bereich, der Zuversicht ausstrahlt: den Derivatemarkt. Das offene Interesse (Open Interest, OI) an XRP-Futures ist auf 4,61 Milliarden US-Dollar gestiegen – ein satter Zuwachs von 23,2 % gegenüber den Juni-Tiefs bei 3,54 Milliarden US-Dollar.
Zur Erinnerung: Open Interest beschreibt den Wert aller offenen Futures- und Optionskontrakte, die noch nicht geschlossen wurden. Ein Anstieg deutet darauf hin, dass Trader zunehmend auf steigende Preise setzen. Doch so erfreulich das klingt – es birgt auch Risiken. Je höher das offene Interesse, desto schmerzhafter könnte ein plötzlicher Abverkauf ausfallen, wenn die Stimmung kippt.
Neben dem Derivatemarkt sollten Anleger einen weiteren Indikator nicht aus den Augen verlieren: die XRP-Bestände auf zentralisierten Börsen. Diese sind seit dem 25. Juni um fast 4,4 % auf 3,41 Milliarden XRP angestiegen.
Warum ist das problematisch? Weil ein solcher Anstieg oft darauf hindeutet, dass Investoren ihre Tokens auf Börsen transferieren, um sie möglicherweise zu verkaufen. Sollte dieser Trend anhalten, könnte jeder Erholungsversuch bei XRP von wachsendem Verkaufsdruck im Keim erstickt werden.
Auch die Aktivität auf dem XRP Ledger (XRPL) gibt aktuell keinen Anlass zur Euphorie. Seit dem 22. Mai stagniert die Zahl der neu erstellten Adressen unter der Marke von 5.000. Zuletzt waren es gerade einmal 4.389 neue Adressen.
Das ist ein deutlicher Rückgang, wenn man bedenkt, dass während der fulminanten XRP-Rallye im vierten Quartal 2024 und Anfang dieses Jahres zeitweise mehr als 31.000 neue Adressen pro Tag erstellt wurden. Diese Flaute bei der Netzwerkaktivität signalisiert eine nachlassende Nachfrage – ein Faktor, der den Preis zusätzlich belasten könnte.
Doch es gibt auch Gründe zur Hoffnung. Ripple arbeitet weiter an seiner Vision, eine Brücke zwischen der Krypto-Welt und dem traditionellen Finanzsystem zu bauen. Mit Ripple Payments und der RLUSD-Stablecoin-Infrastruktur könnten die Weichen für künftiges Wachstum gestellt sein.
Besonders spannend: Sollte Ripple vom Office of the Comptroller of the Currency (OCC) eine nationale Banklizenz erhalten, könnte das das Vertrauen institutioneller Investoren massiv stärken. Und auch der Antrag auf ein Fed-Masterkonto – das Ripple erlauben würde, RLUSD-Reserven direkt bei der US-Notenbank zu hinterlegen – wäre ein Meilenstein. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage in den USA und Trumps Finanzpolitik könnte das Unternehmen hiervon sogar noch schneller profitieren als bislang erwartet.
Technisch sieht es jedoch so aus, als könnte der aktuelle Rücksetzer noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Auf dem 4-Stunden-Chart liefert der Moving Average Convergence Divergence (MACD) ein klares Verkaufssignal: Die blaue Linie ist unter die rote Signallinie gerutscht, und die roten Histogramm-Balken unter der Nulllinie deuten auf wachsenden Abwärtsdruck hin.
Auch der Relative Strength Index (RSI) bewegt sich knapp unterhalb der Mittellinie – ein Hinweis darauf, dass die Bären weiter das Zepter in der Hand haben könnten.
Kurzfristige Unterstützungen finden sich bei der 50-Perioden-EMA bei 2,20 US-Dollar sowie bei der 200-Perioden-EMA (2,19 US-Dollar) und der 100-Perioden-EMA (2,18 US-Dollar). Sollte der Kurs auch diese Niveaus unterschreiten, rücken 2,15 US-Dollar (zuletzt am Mittwoch getestet) und 2,07 US-Dollar (am 27. Juni berührt) als nächste Unterstützungen ins Blickfeld.
Ripple steht momentan zwischen zwei Welten: Auf der einen Seite deutet das steigende Open Interest darauf hin, dass Trader noch immer auf XRP setzen. Auf der anderen Seite mahnen die steigenden Börsenbestände und die schwache Netzwerkaktivität zur Vorsicht.
Für Anleger heißt das: Jetzt ist kein Zeitpunkt für blinden Optimismus. Wer schon investiert ist, sollte die nächsten Tage und Wochen genau beobachten. Wer auf der Seitenlinie steht, könnte noch günstigere Einstiegskurse abwarten.
Langfristig bleibt Ripple mit seinen ehrgeizigen Plänen ein spannender Kandidat. Doch kurzfristig gilt: besser die Risiken im Blick behalten, als später von einem plötzlichen Kursrutsch überrascht zu werden.