Der US-Dollar hat gestern nach den schwächer als erwartet ausgefallenen US-Inflationszahlen nachgegeben, und der EUR/USD-Kurs konnte heute Morgen in Richtung seines April-Hochs steigen. An dieser Stelle könnte ich lange darüber nachdenken, ob die Reaktion gerechtfertigt war, Erklärungen für die anhaltende Inflationsschwäche durch die US-Zölle anführen und versuchen, die Zahlen aus Sicht der Fed zu interpretieren, schreibt Thu Lan Nguyen, Leiterin der Devisen- und Rohstoffanalyse bei der Commerzbank.
„Das Bemerkenswerte an der gesamten Bewegung gestern war etwas ganz anderes: Die Nachrichten über eine Einigung im Zollstreit zwischen den USA und China wurden ignoriert. Der Wechselkurs zeigte sich davon nahezu unbeeindruckt. Das Risiko einer erneuten Eskalation des Streits zwischen den beiden Wirtschaftsmächten dürfte nach der Einigung nun deutlich geringer sein, was für den Dollar an sich positiv wäre.“
„Man könnte argumentieren, dass eine Einigung nach den Gesprächen in London bereits in Aussicht stand und die gestrige Bestätigung daher keine Neuigkeit mehr war. Allerdings konnte der Dollar zu Beginn der Woche auch nicht von dieser Aussicht profitieren. Damit bleibt uns folgende Erklärung: Dieser „Deal“ ist, wie schon der mit Großbritannien zuvor, aus Sicht des Marktes nichts weiter als heiße Luft.
Tatsächlich wurde lediglich der Status quo bei den Zöllen bestätigt – neu sind lediglich gegenseitige Zusagen, den Handel mit ausgewählten kritischen Gütern zu erleichtern.“ „Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass auch die anderen Handelspartner der USA bis zum Ende der 90-tägigen Pause keine Zugeständnisse bei den Anfang April angekündigten gegenseitigen Zöllen erreichen werden – egal wie sehr sie sich bemühen.
Das ist eine schlechte Nachricht für den Dollar, zumal das Reaktionsmuster der USD-Wechselkurse zunehmend asymmetrisch erscheint. Einerseits gibt es kaum positive Entwicklungen, die sie unterstützen könnten. Andererseits belasten seit gestern verstärkte Spekulationen über Zinssenkungen den Dollar. Das Abwärtspotenzial des EUR/USD dürfte daher vorerst begrenzt bleiben, während nach oben noch viel Spielraum besteht."