Die acht OPEC+ Länder mit freiwilligen Produktionskürzungen haben am Wochenende beschlossen, die Ölproduktion im Juli um 411 Tausend Barrel pro Tag zu erhöhen. Dies war die dritte Produktionserhöhung in Folge. Da es im Vorfeld des Treffens Gerüchte über eine noch größere Produktionssteigerung gab, stiegen die Preise für Öl deutlich an und machten die Verluste vom Ende der letzten Woche wieder wett. Allerdings gab es bei dem virtuellen Treffen offenbar unterschiedliche Meinungen, wie Reuters unter Berufung auf vier OPEC+-Quellen berichtete. Saudi-Arabien wollte die Produktion stärker erhöhen, während Russland und zwei andere Länder für eine Pause waren. Die getroffene Entscheidung war daher ein Kompromiss, stellt Michael Pfister, Devisenanalyst der Commerzbank, fest.
"Mit der jetzt beschlossenen Erhöhung des Angebots ist bereits mehr als die Hälfte der freiwilligen Produktionskürzungen von 2,2 Millionen Barrel pro Tag rückgängig gemacht worden. Die Begründung für die Produktionserhöhung, die mit der des Vormonats identisch ist, klingt jedoch nicht sehr überzeugend. Tatsächlich geht es wahrscheinlich in erster Linie darum, notorische Quotenübertreter wie Kasachstan zu bestrafen. Außerdem will die OPEC+ offenbar nicht noch mehr Marktanteile an die Schieferölproduzenten in den USA verlieren und kommt damit auch der Forderung von US-Präsident Trump nach, der die OPEC+ aufgefordert hatte, die Ölproduktion zu erhöhen."
"Bisher scheint der Ölmarkt in der Lage zu sein, das zusätzliche Angebot zu absorbieren. Nach dem starken Preisverfall Anfang April, der auch durch die Ankündigung gegenseitiger Zölle durch US-Präsident Trump verursacht wurde, und einem weiteren Rückgang Anfang Mai, bewegte sich der Preis für Brent Öl in den letzten Wochen zwischen 63 und 67 US-Dollar pro Barrel. Die aktuelle Angebotsverknappung in den USA, die sich in niedrigen Lagerbeständen niederschlägt, dürfte dabei eine Rolle spielen. Darüber hinaus könnte die saisonal höhere Nachfrage in den Sommermonaten für kurzfristige Unterstützung sorgen. Allerdings könnte im Herbst ein erhebliches Überangebot drohen, wenn die OPEC+ die Ölproduktion in den kommenden Monaten in gleichem Maße erhöht. Mit Blick auf das nächste Jahr könnte sich der Ölmarkt jedoch anspannen, da wahrscheinlich kein zusätzliches Ölangebot der OPEC+ auf den Markt kommen wird."
"In den kommenden Monaten bestehen daher Abwärtsrisiken für den Ölpreis. Danach könnten die Preise aber wieder steigen. Das zeigt auch ein Blick auf die Terminkurven. Diese signalisieren einen Rückgang des Ölpreises bis Ende 2025, gefolgt von einem steigenden Ölpreis ab Anfang 2026. Wir rechnen weiterhin mit einem Preis für Brent Öl von 65 US-Dollar pro Barrel am Ende des Jahres und einem Preis von 70 US-Dollar pro Barrel im kommenden Jahr."