Gestern hielt EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine Rede in Berlin. Es ging darum, wie der Euro möglicherweise den Dollar als dominierende Weltwährung in Zukunft ablösen könnte. Die Rede ist lesenswert, wie Ulrich Leuchtmann, Leiter des Devisen- und Rohstoff-Research der Commerzbank, anmerkt.
"Lagarde hat meiner Meinung nach Recht, wenn sie sagt: 'Das Engagement einer Währung im Handel ist besonders wichtig, da es den ersten Weg zu einer breiteren internationalen Verwendung darstellt.' Reserven werden gehalten, damit sie im schlimmsten Fall einer Zahlungsbilanzkrise die Importe eines Landes sichern können. Ihre Angemessenheit wird daher z.B. in ‚Monaten der Importdeckung‘ gemessen. Wenn die ganze Welt den Handel mit dem Dollar einstellen und zu einer anderen Währung übergehen würde, müssten auch die Zentralbanken und Finanzministerien ihre Reserven in diese Währung umschichten. Die Dollar-zentrierte Weltwährungs-‚Ordnung‘ ist also lediglich eine Folge der breiten Verwendung des Dollars bei grenzüberschreitenden Transaktionen durch Drittländer."
"Frühe Abweichler vom USD-zentrischen System müssten höhere Transaktionskosten zahlen, wenn sie ein ungewöhnliches Transaktionsmittel verwenden wollten. Aus diesem Grund ist das Dollar-zentrierte System stabil und hat Krisen überstanden. Es geht also nicht um die Frage, ob der Euro eine etwas bessere globale Reservewährung wäre. Er könnte den Dollar nur dann ersetzen, wenn die fortgesetzte Verwendung des Dollars für eine ausreichende Zahl von Nutzern völlig inakzeptabel würde, die dann bereit wären, die Kosten für die frühen Dissidenten zu tragen. Ich glaube daher, dass die US-Sanktionspolitik zum größten Risikofaktor für die Dominanz des Dollars werden könnte, wenn er für große Wirtschaftsräume (z.B. die EU) inakzeptabel wird."
"Nur weil die USA permanente Leistungsbilanzdefizite haben und daher ständig Dollars ins Ausland transferieren, führt dies nicht zu einer Verknappung des US-Dollars im Rest der Welt, der ständig mehr von der Weltreservewährung benötigt. Wenn der Euro morgen die Weltreservewährung wäre und die Eurozone weiterhin Leistungsbilanzüberschüsse erzielen würde, gäbe es im Rest der Welt einen Mangel an Euro: Um die Exporte der Eurozone zu bezahlen, müsste der Rest der Welt die neue Weltreservewährung ständig an ihren Emittenten - die Eurozone - überweisen. Infolgedessen würde der Euro an Wert gewinnen - weit mehr, als es aus innenpolitischer Sicht gerechtfertigt wäre."