Der Kurs von Ripple (XRP) steht am Montag bei 2,17 US-Dollar und rutscht damit spürbar ab. Seit dem Zwischenhoch bei 2,65 US-Dollar hat sich der Abwärtstrend verstärkt – und die Stimmung am gesamten Kryptomarkt ist derzeit ohnehin angespannt. Doch was sorgt gerade für den Verkaufsdruck? Und wie viel Luft nach unten ist noch da?
Ein Auslöser der aktuellen Unsicherheit: Ein US-Berufungsgericht hat eine Entscheidung aufgehoben, die bislang die Umsetzung von Präsident Trumps Importzöllen verhinderte. Diese Zölle – und die damit verbundenen politischen Spannungen – werfen neue Fragen auf, nicht nur im klassischen Finanzmarkt, sondern auch in der Kryptobranche.
Parallel dazu hat das US Bureau of Economic Analysis neue Zahlen veröffentlicht. Der sogenannte PCE-Preisindex – ein wichtiger Inflationsindikator für die US-Notenbank Fed – ist im April spürbar zurückgegangen. Die Kernrate, also ohne schwankungsanfällige Posten wie Energie und Lebensmittel, fiel auf 2,5 % im Jahresvergleich. Das ist der niedrigste Wert seit März 2021. Auch der Gesamtindex lag mit 2,1 % leicht unter den Erwartungen.
Auf Monatssicht stiegen die Preise nur um 0,1 % – sowohl beim Kern- als auch beim Gesamtindex. Auf dem Papier also ein klarer Hinweis: Die Inflation kühlt sich ab. Doch Fed-Chef Jerome Powell zeigte sich zuletzt zurückhaltend. Gerade mit Blick auf Trumps Zölle warnte er vor möglichen langfristigen Auswirkungen auf die Preisentwicklung. Das lässt vermuten, dass die Fed in Sachen Zinssenkung weiter vorsichtig bleibt – keine gute Nachricht für die Märkte.
Der Rückgang beim XRP-Kurs kam nicht überraschend – aber in der Wucht doch heftig. Vom Hoch bei 2,65 US-Dollar hat Ripple rund 18 % eingebüßt. Besonders stark betroffen: Trader mit gehebelten Long-Positionen. Innerhalb von 24 Stunden wurden XRP-Derivate im Wert von rund 30 Millionen US-Dollar liquidiert – davon allein 29,75 Millionen auf der Long-Seite. Auf der Short-Seite fielen Liquidationen mit rund 384.000 Dollar dagegen kaum ins Gewicht.
Interessant ist auch ein Blick auf das Derivatemarktgeschehen: Das sogenannte Open Interest, also das gesamte Kapital, das in laufenden Futures-Positionen steckt, stieg in den letzten 24 Stunden um über 10 % auf 4,2 Milliarden US-Dollar. Gleichzeitig legte das Handelsvolumen um 42 % zu. Heißt: Der Markt ist hochaktiv – aber nervös. Wenn das Volumen steigt und viele Positionen liquidiert werden, zeigt das oft eine Phase von Unsicherheit und Bereinigung, in der überhebelte Trades geschlossen werden.
Auch aus charttechnischer Sicht sieht es für XRP aktuell nicht besonders gut aus. Der MACD-Indikator hat ein klares Verkaufssignal geliefert: Die blaue Linie ist unter die rote Signallinie gefallen – und gleichzeitig wurde auch die Nulllinie durchbrochen. Für viele Trader ein klares Zeichen: Der Abwärtstrend ist noch nicht beendet.
Auch der RSI – also der Relative-Stärke-Index – zeigt abwärts. Er nähert sich dem überverkauften Bereich, was kurzfristig eine Erholung ermöglichen könnte. Aber ein stabiler Aufwärtstrend sieht anders aus.
Der nächste mögliche Halt liegt bei der 200-Tage-EMA, also dem gleitenden Durchschnitt der letzten 200 Handelstage – aktuell bei etwa 2,07 US-Dollar. Fällt der Kurs darunter, könnte es schnell weiter in Richtung 1,80 US-Dollar gehen. Dort liegt eine starke Nachfragezone. Sollte auch diese Marke nicht halten, rückt das April-Tief bei 1,61 US-Dollar ins Spiel.
Auf der Oberseite stehen die 100-Tage-EMA bei 2,26 US-Dollar und die 50-Tage-EMA bei 2,29 US-Dollar als erste Hürden im Weg. Erst wenn XRP diese Widerstände wieder überwindet, rücken die letzten Hochs bei 2,65 US-Dollar und das psychologisch wichtige Niveau von 3,00 US-Dollar wieder in Reichweite.
Der aktuelle Rückgang bei XRP ist kein isoliertes Ereignis, sondern das Ergebnis mehrerer Entwicklungen: politische Unsicherheit durch mögliche neue Zölle, eine vorsichtige Fed trotz sinkender Inflation und ein nervöser Kryptomarkt, in dem überhebelte Positionen verstärkt liquidiert werden. Technisch sieht es momentan nicht nach einer schnellen Erholung aus.
Für kurzfristige Trader könnte das eine Gelegenheit zum Einstieg bieten – wenn sich klare Signale für eine Bodenbildung zeigen. Wer dagegen langfristig investiert ist, sollte die wichtigen Marken im Auge behalten und nicht in Panik verfallen. Die nächsten Tage dürften entscheidend dafür sein, ob XRP in eine längere Konsolidierung rutscht – oder ob der Markt bald wieder den Fuß vom Gas nimmt.